Ferienzeit

Es ist wieder so weit. Die schönste Zeit des Jahres naht – sagen zumindest die Reisektaloge, die Werbung und alle, die uns einreden wollen, dass Glück buchbar ist. Zwei Wochen Mallorca, drei mit dem Wohnmobil durch Skandinavien, vier auf Balkonien mit Bio-Gemüse und Liegestuhl. Ferien! Endlich ausschlafen, endlich zur Ruhe kommen, endlich Zeit für Familie – oder für sich selbst. Endlich alles, was sonst zu kurz kommt.

Aber Halt – ist das nicht ein bisschen viel für zwei, drei Wochen im Jahr? Da soll der Ehefrieden wiederhergestellt, die Kinderbe spassung perfektioniert, die Selbstfindung vollendet und das eigene Instagram-Profil mit Sonnenuntergängen und lässigen Cappuccino-Fotos gefüllt werden. Wenn schon Ferien, dann bitte schön mit Tiefgang und Höhepunkt. Und so reisen viele mit einem Koffer voller Erwartungen ab – und kommen mit einem

leicht überfüllten Frustgepäck zurück. Weil es geregnet hat. Weil das WLAN nicht funktioniert hat. Weil die Nähe zu eng war. Oder der ersehnte Abstand zu weit. Dabei braucht es für gelungene Ferien manchmal gar nicht so viel: Einen Moment wirklicher Musse, ein Lachen beim Picknick im Grünen, ein gutes Gespräch bei Sonnenuntergang, einen Gin mit Freunden – oder einfach das Gefühl: Jetzt darf alles einmal sein.

Ohne Leistung, ohne Plan, ohne schlechtes Gewissen.

Vielleicht ist das die wahre Kunst des Urlaubens: nicht mehr zu erwarten, als das Leben zu geben vermag. Nähe zulassen, ohne zu erdrücken. Abstand gönnen, ohne sich aus dem Blick zu verlieren. Zeit teilen – und sich zugleich Zeit für sich nehmen.

Und wenn das gelingt, dann sind sie plötzlich da – diese kleinen Wunder des Alltags, mitten in den Ferien: Ein friedliches Früh-

stück. Ein Spaziergang ohne Ziel. Eine Stille, die nicht leer, sondern voll ist.

Darum: Frohe Ferien – wunderbare Tage, mit kleinen Wundern statt grossen Erwartungen.